Die Offseason der Cleveland Browns

written by Stefan Janssen
8 · 30 · 23

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Im Podcast von „The Athletic“ wurde die Preview auf die Cleveland Browns mit den Worten eingeleitet, dass sie ein „seltsames“ Team seien. Und irgendwie ist es auch so. Was nicht am Roster allgemein liegt, denn der sieht auf dem Papier ziemlich gut aus. Es sind diese schwer greifbaren Dinge, wie die gesamte Deshaun-Watson-Situation, die ihn zwangsläufig begleiten wird, solange er spielt. Die es Browns-Fans mit gesundem Menschenverstand schwer macht, diesen Spieler und damit letztlich dieses Team vorbehaltlos zu unterstützen. Und aus Steelers-Sicht ist da natürlich die Ansicht, dass die Browns eben die Browns sind. Soll heißen: Seit ein paar Jahren gibt es immer mal wieder einen gewissen Offeseason-Hype, wobei sie als Playoff-Anwärter, Division-Sieger oder gar Super-Bowl-Sleeper gehandelt werden. An diesem Punkt sind wir auch jetzt wieder. Bislang konnten sie das nie rechtfertigen. Ob es dieses Jahr klappt? Die Voraussetzungen sind durchaus da, doch es gibt vor allem ein riesengroßes Fragezeichen. 

Free Agency

Abgänge

  • LB Deion Jones (Carolina Panthers)
  • DE Jadeveon Clowney (Baltimore Ravens)
  • RB Kareem Hunt (Free Agent)
  • QB Jacoby Brissett (Washington Commanders)
  • DT Taven Bryan (Indianapolis Colts)
  • CB Greedy Williams (Philadelphia Eagles)
  • DE Chase Winovich (Houston Texans)
  • OT Chris Hubbard (Tennessee Titans)
  • S Ronnie Harrison (Indianapolis Colts)
  • RB D’Ernest Johnson (Jacksonvilla Jaguars)
  • DE Stephen Weatherly (Free Agent)
  • TE Jesse James (New Orleans Saints)
  • TE Pharaoh Brown (Indianapolis Colts)
  • OL Hjalte Froholdt (Arizona Cardinals)
  • LB Reggie Ragland (Free Agent)
  • LB Jermaine Carter (Free Agent)
  • LB Tae Davis (Atlanta Falcons)
  • DE Chris Odom (Free Agent)

Zugänge

  • DT Dalvin Tomlinson (Minnesota Vikings)
  • DE Ogbonnia Okoronkwo (Houston Texans)
  • S Juan Thornhill (Kansas City Chiefs)
  • TE Jordan Akins (Houston Texans)
  • DT Maurice Hurst (San Francisco 49ers, gecutted)
  • DT Trysten Hill (Arizona Cardinals, gecutted)
  • LB Matthew Adams (Chicago Bears)
  • CB Mike Ford (Atlanta Falcons)
  • G Wes Martin (Washington Commanders, gecutted)
  • WR Marquise Goodwin (Seattle Seahawks)
  • S Rodney McLeod (Indianapolis Colts)
  • QB Joshua Dobbs (Tennessee Titans, getraded zu den Cardinals)

Auffällig bei den Zu- und Abgängen der Free Agency ist der Umbau der Front Seven. Vor allem die Defensive Line war ein Sorgenkind der Browns, weil sie trotz namhafter Spieler – allen voran Edge Rusher Myles Garrett – nicht gut performed hat. In der Run Defense waren die Browns 2022 eines der schlechtesten Teams der NFL, und trotz Garrett und gegenüber Jadeveon Clowney bekamen sie nicht mal konstant Druck auf den Quarterback hin. Hier hat man nach der Free Agency noch für Za’Darius Smith von den Minnesota Vikings getradet. Mit ihm auf der anderen Seite von Garrett soll der Pass Rush besser werden, zudem hat man sich mit Obonnia Okoronkwo einen spannenden Spieler aus Houston geholt, der sehr gute Pressure-Zahlen aufgelegt hat. Mit unter anderem Dalvin Tomlinson in der Mitte soll die Run Defense besser werden. Auf Safety soll Juan Thornhill ein Upgrade für John Johnson sein, der released wurde und zu den LA Rams zurückkehrte.

Ebenfalls nennenswert ist die Verpflichtung von WR Elijah Moore, der per Trade von den New York Jets kam. Er soll den Browns im Slot eine neue Komponente geben. Der Zweitrundenpick führte die Jets 2021 als Rookie in Receiving-Yards und -Touchdowns an und brauchte dafür nur elf Spiele, dennoch kam er in New York nie endgültig an. Moore gilt in Cleveland als Breakout-Kandidat. Außerdem hat man unter anderem mit C Ethan Pocic den Vertrag verlängert, der 2022 ein überraschend starkes Jahr hatte.

Draft Picks

  • Runde 3 / Pick 74: WR Cedric Tillman, Tennessee
  • Runde 3 / Pick 98: DT Siaki Ika, Baylor
  • Runde 4 / Pick 111: OT Dawand Jones, Ohio State
  • Runde 4 / Pick 126: DE Isaiah McGuire, Missouri
  • Runde 5 / Pick 140: QB Dorian Thompson Robinson, UCLA
  • Runde 5 / Pick: 142: CB Cameron Mitchell, Northwestern
  • Runde 6 / Pick 190: C Luke Wypler, Ohio State

Aufgrund des Trades für Deshaun Watson hatten die Browns keinen Pick in der ersten Runde, der Pick in Runde zwei ging an die New York Jets für Elijah Moore. Neben Moore gab es dafür aber einen Drittrundenpick, mit dem Cedric Tillmann gewählt wurde. Ein typischer X-Receiver, der durchaus frühzeitig eine Rolle spielen könnte. Siaki Ika ist eine gute Ergänzung in der Run-Defense, weil er schon allein mit seinem bulligen Körper (1,93m groß und 162 Kilogramm schwer) die Gaps zu machen kann.

Danach reden wir vor allem über Spieler, die auf lange Sicht eine Rolle spielen könnten, durch die Cleveland aber gutes Talent eingesammelt hat. Dawand Jones ist zum Beispiel ein sehr großer Tackle (2,03 m), der perspektivisch durchaus Starter-Potenzial mitbringt, ebenso wie Pass Rusher Isaiah McGuire. Dorian Thompson Robinson hat in der Preseason gute Spiele mit einigen Highlights gezeigt, weswegen die Browns Josh Dobbs zu den Cardinals tradeten und mit dem Rookie als Nummer zwei in die Saison gehen. Auch Mitchell und Wypler sind interessante Spieler, die teilweise höher gehandelt wurden. Die Browns haben deshalb nach allgemeinem Dafürhalten einen guten bis sehr guten Draft hingelegt, vor allem gemessen an den Möglichkeiten.

Saison-Ausblick 2023

Neben der eigenen AFC North bekommen es die Browns mit den Teams der AFC South und NFC West zu tun, zudem geht es gegen die New York Jets, Denver Broncos und Chicago Bears. Das größte Problem ist aber natürlich die eigene Division mit den Steelers, Baltimore Ravens und Cincinnati Bengals. Alle vier Teams aus der AFC North sind auf dem Papier legitime Playoff-Kandidaten, teilweise mehr. Und da kommt es für die Browns gleich zu Beginn knüppeldick: Drei der ersten vier Spiele sind Duelle innerhalb der Division. Zunächst kommen die Bengals, dann geht es zu den Steelers und nach einem Heimspiel gegen die Tennessee Titans sind die Ravens zu Gast. In Woche fünf steht schon die Bye Week an, auch nicht gerade ein Vorteil.

Und nun sind wir wieder am „seltsamen“ Punkt. Der Kader der Browns ist stark, da müssen wir uns nichts vormachen. Die Offensive Line ist eine der besten der Liga, das Running Game mit Nick Chubb sollte wie gewohnt funktionieren. Das Wide-Receiving-Corps hat sich mit Moore und auch dem Rookie Mitchell verbessert, Amari Cooper ist ja ohnehin noch da.

In der Defense braucht man jetzt endlich auch mal die zu erwartende Produktivität in der eigenen Front, dann kann die in Kombination mit dem ohnehin gut besetzten Backfield herausragend funktionieren. Dafür hat man im Jim Schwartz auch einen neuen Defensive Coordinator verpflichtet.

Das sind nun die üblichen „Wenns“ vor einer Saison. Das größte „Wenn“ bietet aber der Quarterback. Allein durch Deshaun Watsons Situation ist die Range der Browns in 2023 sehr groß. Findet er zurück zu alter Stärke aus Texans-Zeiten, dann ist Cleveland vieles im positiven Sinne zuzutrauen. Knüpft er eher an die desolate Vorsaison an (in der er ja nur sechs Spiele gemacht hat), dann könnte auch erneut der letzte Platz in der Division herausspringen.

Die Erwartungen sind hoch. Browns-Besitzer Jimmy Haslam sagte es nicht so deutlich, kündigte aber schon im März an, dass „jeder spürt, dass wir dieses Jahr gut spielen müssen“. Zu erwarten seien durchaus die Playoffs: „Aber ich sage nicht, dass dies oder jenes passiert, wenn wir es nicht schaffen. Die AFC North ist hart.“ 

Trotzdem: Nachdem man zwei Jahre in Folge die Playoffs verpasst hat, will man da mit diesem Kader garantiert wieder hin. Ansonsten wird auch über Head Coach Kevin Stefanski gesprochen. Ob die Browns es schaffen? Vieles hängt an Deshaun Watson, mit dem sie All-In gegangen sind. Die Umstände für ihn sind gut. Nun wird sich zeigen, ob er liefern kann.

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